Ein paar Gedanken zur aktuellen Situation von unserem Bundesvorsitzenden, Sebastian Alscher:
Liebe Piraten,
wir leben in schweren Zeiten. Manche von euch machen sich Sorgen über die weitere Zukunft, über ihr Einkommen und die Bedrohung durch Corona/Covid-19. Politisch erblicken wir wieder einmal die hässliche Fratze des Überwachungsstaates, der – nur zu unserem Besten, also unserer Gesundheit – am liebsten wieder alle Handydaten abgreifen will und sogar die Daten aller Infizierten an die Polizei weitergeben möchte. Viele von uns machen sich ihre Gedanken zu dem Konflikt zwischen Freiheit und Pandemiebekämpfung bzw. dem Schutz unserer Mitmenschen. Als Gesellschaft ringen wir um einen fairen Weg bei dieser Abwägung. Und in dieser schwierigen emotionalen Frage geraten auch bei uns PIRATEN vertraute Gefährten aneinander - das ist besonders bitter in Zeiten wie diesen.
Wir sollten daher bei allen Diskussionen nicht vergessen, uns auf unsere Gemeinsamkeiten zu besinnen, und dass wir die Rechte, die jetzt eingeschränkt werden, am Ende der Pandemie wieder einfordern. Und ebenso darauf hinzuwirken, dass die im Zuge der Pandemie erhobenen persönlichen Daten wieder gelöscht werden.
Corona/Covid-19 kommt aber nicht aus heiterem Himmel, denn nicht nur in Büchern, Filmen und Risikoszenarien werden die Gefahren durch eine Pandemie bereits behandelt und erörtert, selbst in der Welt der Brett- und Computerspiele ist dies kein exotisches Genre. Die Pandemie zeigt, wo die Bundesregierung bisher versagt hat, denn eine notwendige Vorsorge wurde nicht getroffen. Und nun wissen wir auch, warum Katastrophenschutzpläne als Verschlusssache gelten. Corona/Covid-19 wird auch aufgrund der mangelhaften Vorbereitung viele Menschen das Leben kosten. Hier wird es einiges nachzuarbeiten geben. Wir sollten uns dann im Rahmen dieser Aufarbeitung dafür einsetzen, dass Deutschland vorbeugend auf einen nächsten Erreger vorbereitet ist. Aber nicht nur das.
Denn besonders jetzt, wo viele Menschen darauf angewiesen sind, digital ihr Leben und unsere Bildung auch im Home Office reibungslos fortsetzen zu können, haben wir dann die Möglichkeit, noch einmal mit Nachdruck deutlich zu machen, wie wichtig eine vernünftige Netzinfrastruktur ist. Es scheint auch an der Zeit zu sein, piratige dezentrale Open Source Social Media Netzwerke zum Kontakthalten mit den Liebsten aufzubauen. Jedoch gilt es zu bedenken: Die aktuelle Pandemie ist, im Vergleich zu den angesprochenen Szenarien, derzeit vergleichsweise sanft. Sie ist ein Warnsignal, ein Schuss vor den Bug, ein Ansporn, den Widerspruch zwischen dem Wissen über die Gefahren und dem alltäglichen Verhalten zu beenden.
Sie ist auch eine Mahnung, ein Hinweis auf die Notwendigkeit, die zwei großen Bedrohungen und Herausforderungen, vor denen wir stehen, endlich anzupacken: Ich meine damit die Klimakrise und die Bedrohung unserer Freiheit. Auch wenn die Klimakrise existenzieller ist, so darf in Ihrem Schatten nicht unsere Freiheit verloren gehen. Wir müssen uns aus unseren Gewohnheiten lösen. Sei es die maßlose Verschwendung von Ressourcen, die unsere Lebensgrundlage bedroht, sei es der sorglose Umgang mit Daten, deren Missbrauch uns unsere Freiheit in einem weit erschreckenderen Maß kosten kann als selbst George Orwell sich dies vorstellen konnte. Ich möchte euch für eure Leistungen in dieser schweren Zeit danken, für eure Bereitschaft, anderen zu helfen, indem ihr z. B. Konferenzsysteme für diese aufsetzt oder zur Verfügung stellt, oder Masken näht. Gemeinsam werden wir auch diese schwierige Zeit überstehen.
Im Namen des Bundesvorstandes wünsche ich allen, die erkrankt sind, eine baldige gute Besserung und allen, die sich durch Stress bedingt streiten, einen Weg zurück zueinander. Und an alle anderen: Bleibt bitte gesund, bleibt hoffnungsfroh, bleibt demokratisch, bleibt piratig.
Euer Sebastian